13.8.2025 - Alina Fischer

Vom Mini-Supermarkt zum Dorfmittelpunkt

Investitionsförderung

Wie Tante Enso Versorgung auf dem Land neu denkt

Norbert Hegmann steht vor der Zitatwand im Büro von Tante Enso
Gründer Norbert Hegmann steht vor der Zitatwand mit 50 Community-Vorschlägen in der Tante-Enso-Zentrale der Bremer Überseestadt. © Tante Enso

Aus einer mutigen Idee wurde ein echtes Erfolgsmodell: Die smarten Mini-Supermärkte von Tante Enso bringen neues Leben in ländliche Regionen – rund um die Uhr, genossenschaftlich organisiert und mit ganz viel Nahbarkeit. Gründer Norbert Hegmann (52) und Marketingleiterin Jessica Renziehausen (49) erzählen, wie aus der Vision Wirklichkeit wurde.

Der Grundstein für Tante Enso wurde bereits 2016 gelegt, mit myEnso, einem Webshop für Lebensmittel, den Norbert Hegmann und Thorsten Bausch in Bremen ins Leben riefen. „Gestartet sind wir damals mit der Idee, der tollste Online-Supermarkt Deutschlands zu werden“, erinnert sich Hegmann.

Die Konkurrenz in dem Bereich war jedoch groß, sodass die Gründer auf ein ungewöhnliches Konzept setzten, um sich abzuheben: Kundinnen und Kunden konnten von Anfang an über den Shop mitentscheiden. Schnell entstand eine aktive Community mit vielen Ideen. Ein Vorschlag stach dabei besonders hervor: „Rettet Tante Emma“ steht auf dem kleinen Schild, das bis heute mit 49 anderen Ideen in der Unternehmenszentrale in der Bremer Überseestadt hängt – und den Stein ins Rollen brachte. 

Hegmann und Bausch erkannten den Versorgungsbedarf im ländlichen Raum und reagierten mit einen Enso-Lieferdienst für die umliegenden Dörfer. Doch das Angebot floppte. „Vor Ort bekamen wir eine deutliche Rückmeldung: „Wir wollen keinen Online-Supermarkt fürs Land, sondern einen Tante-Emma-Laden vor Ort!“, berichtet Hegmann schmunzelnd.

Tante Emma trifft unternehmerischen Weitblick

Doch wie muss ein Tante-Emma-Laden neu erfunden werden, damit er heutzutage funktioniert? Das Enso-Team setzte auf drei Kernaspekte, die bis heute Bestand haben: kurze Betriebszeiten mit Personal, kleine Flächen und dennoch eine große Auswahl an Produkten. „Uns war klar, dass wir nicht rund um die Uhr Personal vor Ort haben können“, erläutert der erfahrene Gründer. Deshalb sind die Läden nur drei bis fünf Stunden am Tag besetzt. Außerhalb dieser Zeiten ist der Einkauf 24/7 über den Self-Checkout mit einer Kundenkarte möglich.

Sieben Personen stehen vor der Tante-Enso-Filiale in Holtsee zur Eröffnung. Es fliegt Konfetti, ein rotes Band wurde durchgeschnitten.
Eröffnung der Tante-Enso-Filiale in Holtsee © Tante Enso

Das Konzept ging auf und aus myEnso wurde Tante Enso – eine deutschlandweite Erfolgsgeschichte made in Bremen nahm ihren Lauf.

Vom Online-Shop zum Vollversorger für die ländliche Region

Heute zählt das Unternehmen rund 400 Mitarbeitende und über 70 Filialen. Damit ist Tante Enso deutschlandweit Marktführer im Segment Smartstore 24/7. Mit mehr als 3.000 Artikeln gilt der Supermarkt als Vollversorger. Die Läden bieten nicht nur Einkaufsmöglichkeiten, sondern dienen auch als sozialer Treffpunkt im Dorf. Das Besondere: Tante Enso ist genossenschaftlich organisiert – wer eine Filiale in sein Dorf holen möchte, kann sich online bewerben. Anschließend müssen mehrere Hundert Personen für je 100 Euro einen Anteil erwerben, bevor es losgeht. Der gemeinschaftliche Gedanke wirkt: Über 55.000 Teilhaber:innen aus ganz Deutschland engagieren sich bereits in der Genossenschaft und gestalten die Nahversorgung in ihren Dörfern aktiv mit. 

Jessica Renziehausen steht an einer Theke. Hinter ihr sieht man Tante-Enso-Artikel
Jessica Renziehausen ist die Marketingleiterin von Tante Enso © Tante Enso

Eine Bremische Idee schlägt große Wellen

Mit ihren smarten Klein-Supermärkten revolutioniert Tante Enso die Versorgung auf dem Land und bietet damit ein echtes Alleinstellungsmerkmal. „Der Unterschied zu anderen Supermärkten ist, dass wir nahbar sind. Für uns ist das ein Gemeinschaftsprojekt in Zusammenarbeit mit den Dörfern“, betont Jessica Renziehausen.

Die Bedürfnisse und Wünsche der Menschen vor Ort stehen dabei immer im Fokus. „Wenn eine 95-jährige Rentnerin sich strahlend freut, dass sie wieder mit dem Rad zum Einkaufen fahren kann, ist das auch für uns ein besonderer Moment“, erzählt die Marketingleiterin begeistert. „Wir bieten echte Mitbestimmung über viele Kanäle und durch die Genossenschaft – das macht uns einzigartig“, ergänzt Hegmann. 

Dorfmittelpunkt statt „nur“ Supermarkt

Nur Lebensmittelversorgung reicht dem ambitionierten Bremer Unternehmen jedoch nicht mehr aus. Mittlerweile liegt das Augenmerk von Tante Enso auch auf anderen Bedarfen im ländlichen Raum: Gemeinsam mit der Plattform DeGiv werden sie in 10-15 Teststandorten Säulen aufstellen, die digitale Bürgeramt-Services ermöglichen. Künftig können die Menschen ihre neue Krankenkassenkarte nutzen, ein Passbild machen, ihren Führerschein oder ihren Personalausweis bequem im Tante Enso vor Ort beantragen. Dasselbe gilt für Besuche von Ärztinnen und Ärzten – in Zusammenarbeit mit medivise will das Unternehmen in Zukunft Telemedizin in den Filialen ermöglichen, zum Beispiel für die Hautkrebsvorsorge.

Sich ausprobieren, scheitern und wieder aufstehen

Der Weg zum ersten Tante-Enso-Laden war alles andere als einfach. „Bei unserem ersten Supermarkt haben wir wirklich alles falsch gemacht, was man falsch machen kann“, erzählt Hegmann lachend. Die Fläche war viel zu klein – mehr Kiosk als Supermarkt. Zudem haben sie den bürokratischen Aufwand der 24/7-Öffnung unterschätzt. Trotz dieser ersten Erfahrung hielten die Gründer an ihrer Vision fest.

Norbert Hegmann steht auf einer Leiter bei der Filialeröffnung in Axstedt. Rechts erkennt man die Tante-Enso-Schilder der Filiale.
Norbert Hegmann bei der Filialeröffnung in Axstedt. © Tante Enso

Im Rückblick würde Hegmann seinem früheren Ich genau dazu raten: „An seine Idee glauben und den Mut haben, nach Rückschlägen wieder aufzustehen. Wer gründen will, muss all-in gehen und alles investieren.“ Und auch Kooperationen sind für Hegmann essenziell – ganz nach dem Motto: Zusammen ist man stärker als allein.

Von Anfang an unterstützt durch die BAB

Deshalb setzte Tante Enso auch bei Finanzierung und Beratung auf passende Unterstützungsangebote, unter anderem bei der BAB – Die Förderbank für Bremen und Bremerhaven. Schon in einer frühen Unternehmensphase hat sie sich mit ihrer Beteiligungs- und Managementgesellschaft BBM an der ENSO eCommerce GmbH beteiligt. Zudem hat die BAB die Finanzierung zur Entwicklung einer digitalen Innovation für den Online-Shop ermöglicht. Besonders wertvoll war für Norbert Hegmann jedoch nicht nur die finanzielle Unterstützung: „Die BAB hat uns von Beginn an beratend zur Seite gestanden. Außerdem konnten wir das umfangreiche Netzwerk nutzen, was uns viele Türen aufgestoßen hat.“

Ambitionierter Blick in die Zukunft

Tante Enso hat sich hohe Ziele gesteckt: Ende 2025 soll es bereits 90 Filialen geben, 2030 sogar 300. „Rund 500 bis 800 Filialen könnten wir aus unserer Sicht in Deutschland gut abdecken“, sagt Norbert Hegmann. Und dabei soll es nicht bleiben, der Blick wandert bereits über die Landesgrenzen hinaus ins europäische Ausland. Die Erfolgsgeschichte geht weiter und wird auch künftig vielen Dörfern ein Stückchen Freiheit zurückgeben – immer in engem Austausch mit den Menschen vor Ort.

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