31.8.2022 - Jann Raveling

Wie der Mittelstand junge IT-Fachkräfte gewinnen und halten kann

Investitionsförderung

Shopware-Dienstleister HEPTACOM bezieht mithilfe der BAB eigene Räume im Tabakquartier

Vincent Fuhler und Fabian Ossmann, Geschäftsführer von HEPTACOM © BAB/Raveling

Laut IT-Fachverband bitkom fehlen 2022 in Deutschland 96.000 IT-Expertinnen und -Experten und in Zukunft werden es noch mehr. Im Ringen um die Talentiertesten haben die großen Konzerne häufig die besseren Karten: Sie können mehr zahlen und nutzen ihre hohe Reichweite. Was kann der Mittelstand da tun?

Jede Menge, wie Fabian Ossmann, Vincent Fuhler sowie Hildegard Kuhlen zeigen. Die drei leiten gemeinsam HEPTACOM, einer der führenden Shopware-Dienstleister in Deutschland.

Shopware

Shopware ist eine Open Source Software, mittels derer Unternehmen Onlineshops erstellen können. Statt alles von Null zu programmieren, bietet Shopware einen Baukasten, aus dem Firmen Onlineshops zusammenstellen können. Sie ist in Deutschland eine der beliebtesten Softwares für E-Commerce.

Erste Adresse, wenn es um Onlineshops geht

HEPTACOM spezialisiert sich vor allem auf B2B-Onlineshops und arbeitet für mittelständische Unternehmen, aber auch große Konzerne. Ein Beispiel ist ZF MICRO MOBILITY, Teil des Autozulieferers ZF aus Friedrichshafen.

„B2B-Shops haben andere Anforderungen als das, was wir aus unserem Alltag, etwa von Amazon, kennen“, so Fuhler, „Deshalb erweitern wir Shopware so, dass es für die Bedürfnisse unserer Kundinnen und Kunden passt. Etwa mit Schnittstellen zu Lager- und Abrechnungssystemen, aber auch neuen Funktionen wie Produktdatenbanken, einem Ticketsystem für den Support oder Ähnlichem."

Zudem entwickelt HEPTACOM das Shopware-System mit eigenen Modulen weiter. Firmen bieten die Bremer darüber hinaus individuelle Softwareentwicklung an: Sie automatisieren und digitalisieren Unternehmensprozesse mit eigenen Programmen.

Fachkräften ein spannendes Arbeitsumfeld bieten

Diese Weiterentwicklungschancen sind attraktiv für viele ITler:innen. „Wenn jemand bei uns eine Idee hat – ob Azubi oder Vollprofi – dann diskutieren wir im Team darüber. Wenn wir dafür sind, setzen wir es auch um, selbst wenn es dafür jetzt noch keine Kundinnen und Kunden gibt“, sagt Fuhler. Diese Freiheit motiviere die oft technik- und detailverliebten Programmiererinnen und Programmierer. Manchmal entstünden dabei auch völlig neue Geschäftsmodelle.

Zudem macht HEPTACOM die Eigenentwicklungen als Open-Source-Versionen verfügbar: Der Quellcode kann von allen im Internet heruntergeladen und benutzt werden. „Das kommt der Gemeinschaft zugute. Auch kleine Unternehmen können so moderne Software nutzen“, so der 28-jährige Geschäftsführer, der sich vor allem um die technischen Aspekte kümmert.

Zwei Männer am Computer
Leidenschaft für E-Commerce und Digitalisierung verbindet die beiden Geschäftsführer © BAB/Raveling

Eigene Ausbildung überlebenswichtig für Kleinunternehmen

Rund 30 Entwicklerinnen und Entwickler arbeiten in Bremen, weitere zehn in einer eigenständigen, angeschlossenen Dresdener Firma. Das Unternehmen wachse zügig, denn spätestens seit der Corona-Krise habe ein Umdenken eingesetzt, so Ossmann: „Auch B2B-Unternehmen merken, dass in Onlineshops die Zukunft liegt. Die Shops automatisieren den Vertriebsprozess. In einer Zeit, in der es immer schwieriger wird, Fachpersonal für den Vertrieb zu finden, hilft es, wenn bestimmte Prozesse automatisch ablaufen.“

Auch HEPTACOM selbst weiß das. „Fähige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden ist unsere Kernherausforderung“, sagt der 40-jährige Ossmann, der im Unternehmen hauptsächlich Marketing, Suchmaschinenoptimierung, Finanzen und Organisation übernimmt.

Der IT-Dienstleister bietet neben Getränken und Corporate Benefits wie Firmenfitness und die private Nutzung von Arbeitsgeräten (Laptops) ein regelmäßiges gemeinsames Mittagessen und mindestens drei Homeoffice-Tage pro Woche.

Zudem bildet HEPTACOM bis zu fünf Azubis im Jahr aus. Eine hohe Quote für so ein kleines Unternehmen. „Wir haben geringe Fluktuation, Azubis bleiben gerne bei uns. Wir bieten ihnen schon in der Ausbildung ein hohes Einstiegsgehalt und viel Eigenverantwortung, das motiviert“, ist Ossmann überzeugt. In einer Ecke des Büros steht etwa ein 3D-Drucker, der für eigene Experimente genutzt werden kann. Neueste Geräte sind selbstverständliche Arbeitsausstattung.

Auch kleine Betriebe können Aufstiegschancen bieten

Am anderen Ende der Fahnenstange stehen die Seniorentwickler:innen. Da kleinen Unternehmen oft die Aufstiegsmöglichkeiten fehlen, geben die drei Geschäftsführenden ihnen die Chance, Gesellschafter:innen zu werden. „Mit Erfolg. Wir haben zum Beispiel zwei sogenannte Shopware-Ambassadore. Die nordrhein-westfälische shopware AG bezieht sie bei Entscheidungen zu künftigen Updates und Weiterentwicklungen ein. Das zeigt, auf was für einem hohen Niveau wir arbeiten.“

Die vielfältigen Freiheiten und Entwicklungschancen sprechen sich herum. Bisher, so die Geschäftsführenden, habe man noch kaum Stellenanzeigen schalten müssen, der Großteil des Personals würde über Mundpropaganda gewonnen.

Zwei Männer an der Spielekonsole
Der Arcade-Automat lockt zum schnellen Match in der Mittagspause © BAB/Raveling
Raumansicht
Viel Platz für Wachstum bietet der Loft im Tabakquartier © BAB/Raveling

Neue Immobilie erworben

Seit nun fast einem Jahr haben sie noch ein Ass im Ärmel: das neue Büro im Bremer Tabakquartier. Hier hat das Unternehmen einen 350 Quadratmeter großen Loft bezogen, der früher Teil der riesigen Bremer Tabakfabrik war und aufwändig modernisiert wurde.

„Das ist ein Sprung nach vorn für uns. Die neuen Räume wirken modern und haben eine tolle Atmosphäre, das merkt man auch im Alltag“, erzählt Ossmann. Außerdem böten sie genügend Wachstumspotenzial und eine perfekte Anbindung an das Umland.

Der Loft ist die erste eigene Immobilie für die Bremer IT-Firma. Die Investition gelang auch dank des Landesinvestitionsförderprogramms, kurz LIP, ein Angebot der BAB – Die Förderbank für Bremen und Bremerhaven.

Das Programm federt unternehmerische Risiken ab. Es bietet kleinen und mittelständischen Betrieben vorwiegend zinslose Darlehen sowie ergänzende Förderzuschüsse und kann für Investitionen unter anderem in Gebäude, Anlagen oder den Produktionsausbau verwendet werden.

Heptacom-Geschäftsführer mit Tabakquartier-Broschüre
Das Tabakquartier bietet HEPTACOM genügend Expansionsmöglichkeiten © BAB/Raveling

Aus eins mach zwei

„Wir haben äußerst gute Erfahrungen mit der BAB gemacht, die Zusammenarbeit lief super. Deshalb haben wir uns auch entschieden, nach unserem ersten Projekt gleich ein zweites mit der BAB durchzuziehen“, sagt Fuhler.

So haben die beiden vor Kurzem eine zweite Immobilie im benachbarten „Atelierhaus“ erworben, das sich derzeit noch im Bau befindet. Dort stehen ihnen dann weitere 400 Quadratmeter zur Verfügung. Die neuen Räume sollen dann ganz für die Ausbildung des eigenen Personals eingesetzt werden, hier entsteht eine Art internes Ausbildungszentrum. So wollen Vincent Fuhler und Fabian Ossmann auch in Zukunft ihren Fachkräftebedarf decken und Unternehmen bei der Digitalisierung unterstützen.

Fünf Tipps, wie Unternehmen IT-Fachkräfte motivieren und halten können:

Tipp 1: Ein spannendes Arbeitsumfeld mit vielen Freiheiten schaffen und der Möglichkeit, eigene Ideen und Ansätze einzubringen und sich so weiterzuentwickeln.

Tipp 2: Moderne Work-Life-Balance-Optionen bieten, die den Bedürfnissen der Angestellten entgegenkommen.

Tipp 3: In die eigene Ausbildung investieren und früh Verantwortung übertragen.

Tipp 4: Aufstiegsmöglichkeiten auch in kleinen Unternehmen schaffen.

Tipp 5: Für ein attraktives Arbeitsumfeld mit guter Verkehrsanbindung sorgen.

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