Natürlich – und auf die leichte Art
WirtschaftsförderungGreenboats und Hochschule Bremen entwickeln innovative Leichtbauwerkstoffe
Mit dem Bau einer Segelyacht aus nachwachsenden Rohstoffen hat Greenboats vor einigen Jahren für Aufsehen gesorgt. Inzwischen baut die Bremer Werft nicht nur Boote, sondern auch Gondeln für Windenergieanlagen oder Camper-Aufbauten. Zusammen mit dem Bionik-Innovations-Centrum der Hochschule Bremen entwickelt Greenboats nun Platten aus nachhaltigen Leichtbauwerkstoffen, die in Serie produzieren werden können. Das Projekt wird von der BAB - Die Förderbank für Bremen und Bremerhaven mit Mitteln der REACT EU-Aufbauhilfe gefördert.
Mit der Segelyacht „GreenBente24“, gebaut aus nachwachsenden Rohstoffen, gelang Friedrich Deimann mit seiner Bremer Werft Greenboats 2016 ein Coup auf dem Bootsbaumarkt. Der Prototyp bestand aus Flachs, Kork und Epoxidharz auf Leinölbasis - und fand sofort einen Käufer, trotz seines stolzen Preises. Inzwischen existiert mit dem etwas größeren FLAX27 Daysailer ein Nachfolgemodell: Es besteht zu 80 Prozent aus natürlichen und recycelten Materialien. „Selbst die Taue sind aus Recyclingmaterialen und die Segel durch ihre besondere Homogenität recyclebar, der Antrieb ist ein E-Motor“, sagt Schiffbauingenieur Paul Riesen. Mit 1.200 Kilo ist der Segler mehr als zehn Prozent leichter als vergleichbare Konstruktionen aus Glasfaserkunststoff (GFK). Das Design stammt vom renommierten Bremerhavener Konstruktionsbüro „judel/vrolijk“, das sich auf Rennjachten spezialisiert hat.
Klassisch mit Bootsbau-Ausbildung begonnen
Friedrich Deimann ist gelernter Bootsbauer, während seiner Ausbildung lernte er das Arbeiten mit Glasfaserkunststoff kennen. Einerseits war er begeistert von den Möglichkeiten der Leichtbauweise mit dem Material. „Mich faszinierte die Freiheit, nahezu jede Form gestalten zu können“, sagt Deimann. Andererseits sah er aber auch, dass seine Kollegen wegen der Arbeit mit Glasfasern, Erdöl und Lösungsmitteln unter gesundheitlichen Beschwerden litten. Außerdem führt der Materialmix zu Problemen beim Recycling.
NFK versus GFK
Deimann experimentierte mit ökologischen Alternativen: Als Ersatz für Glasfaser nutzte er Leinen, gewonnen aus der Flachspflanze. Kork sorgte im Kern eines Sandwichsystems für die Isolierung und übernahm die Funktion des Polyurethanschaums, der normalerweise verarbeitet wird. Miteinander verbunden wurden die Materialien mit Epoxidharzen, die statt auf Erdöl auf Pflanzenöl basierten. So entwickelte er NFK statt GFK, naturfaserverstärkte Kunststoffe im Gegensatz zu solchen, die durch Glasfaser verstärkt werden. Sein Meisterstück war ein 6,8 Meter langes fahrtüchtiges Bio-Kajak.
Nachfrage nach nachhaltigen Produkten steigt
Mit dem Meisterbrief in der Tasche gründete er die Werft Greenboats – mit dem Ziel, nur nachhaltige Boote zu bauen. „Damals ist das noch von vielen belächelt worden“, sagt Riesen. Inzwischen sind auch große Yachthersteller darauf aufmerksam geworden. Die Nachfrage nach Booten, Kanus, Surf- oder Kitebretter aus NFK zog in den letzten Jahren stark an. Greenboats wechselt gerade zum zweiten Mal den Standort, weil für die Aufträge mehr Platz benötigt wird. Dort liegt zurzeit eine hochseetaugliche Yacht auf Kiel, die MB9, – der FLAX27 Daysailer ist für Binnengewässer gedacht. Für den Oldenburger Boris Herrmann, der 2021 durch seine Teilnahme am Vendée Globe –dem härtesten Segelrennen der Welt – einer breiten Öffentlichkeit bekannt wurde, liefern die Bremer nachhaltige Bauteile für sein neues Boot.
Serienproduktion als Ziel
Inzwischen hat Greenboats die Produktpalette erweitert: Konstruiert werden auch Schlafkabinen, Pick-up-Camperaufbauten oder Gondeln für Windkrafträder – alles in aufwendiger Handarbeit. Die Vision für die Zukunft ist, auch industriell fertigen zu können: Zusammen mit dem Bionik-Innovations-Centrum der Hochschule Bremen arbeitet Greenboats daher an einem Projekt, um NFK-Platten für mobile Anwendungen in Serie und damit schneller und deutlich günstiger als bisher produzieren zu können. „Die Nachfrage danach ist groß“, sagt Paul Riesen.
BAB fördert Projekt bis Herbst 2023
Konkret geht es bei dem bis Herbst 2023 dauernden Projekt „Nachhaltige, CO₂-optimierte Leichtbauverbundwerkstoffe für mobile Anwendungen“ um Platten aus Flachsgewebe für Pick-up-Kabinen und Platten aus Hanfnadelfilz für Verkaufswagen. Gefördert wird das Projekt von der BAB aus Mitteln der REACT EU-Aufbauhilfe.
„Unser Ziel ist es, nachhaltige Faserverbundwerkstoffe wettbewerbsfähig zu machen und so erhebliche Effekte für die Umwelt zu erzielen“, sagt Paul Riesen. Glasfasern werden hauptsächlich aus Ländern wie China importiert und mit einem hohen Energieaufwand produziert. „Hanf bindet CO₂ und kann in der Region angebaut werden, für die CO₂-Bilanz ist das deutlich besser.“ Bei der Anwendung müssen die NFK-Platten mit ihren Eigenschaften konkurrenzfähig gegenüber den GFK-Produkten sein. Riesen scheut den Vergleich nicht: „Die Vorteil überwiegen bei Weitem.“ In einer Mini-Fertigungsstraße mit Faserimprägniermaschine, Plattenpresse und CNC-Fräse wird nun getestet, was später einmal im großen Maßstab eingesetzt werden soll. „Wir tun alles dafür, dass naturfaserverstärkter Kunststoff kein Nischenprodukt bleibt“, betont Riesen.
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